Widerspruch Pflegegrad

Wissenswertes und Tipps bei Widerspruch zum Pflegegrad

Die Einstufung in einen Pflegegrad bietet Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen unterschiedliche Ansprüche, die als Hilfestellung im Pflegealltag dienen. Jedoch kann die Einstufung durch die Pflegekasse auch anders ausfallen, als der empfundene Bedarf. Entsprechend kann gegen die Einstufung Widerspruch eingelegt werden. Wir erläutern Ihnen den Widerspruch zur Pflegegrad-Einstufung.

Welche Pflegegrade gibt es?

Seit 2016 wird der Pflegebedarf einer Person in die Pflegegrade 1 bis 5 eingeteilt. Die Einstufung löste die zuvor verwendete Gliederung in drei Pflegestufen ab, da diese die komplexen Anforderungen an den Hilfe- und Unterstützungsbedarf im Pflegefall nicht mehr ausreichend gliedern ließen. Die Pflegegrade werden nach einem Punktesystem mit 6 Modulen eingeteilt, die eine grobe Einteilung des Pflegebedarfs und dem damit verbundenen Anspruch auf diverse Leistungen aufzeigen.

Pflegegrad Beeinträchtigung

  1. geringe Beeinträchtigung von Fähigkeiten und Selbständigkeit
  2. erhöhte Beeinträchtigung von Fähigkeiten und Selbständigkeit
  3. starke Beeinträchtigung von Fähigkeiten und Selbständigkeit
  4. schwere Beeinträchtigung von Fähigkeiten und Selbständigkeit
  5. 5höchste Beeinträchtigung von Fähigkeiten und Selbständigkeit sowie erhöhter Anspruch an die Pflege

Wie erfolgt die Einstufung der Pflegegrade?

Die Einstufung in einen Pflegegrad erfolgt auf Antrag an die Pflegekasse nach einer ausführlichen Prüfung durch Gutachter des Medizinischen Dienstes der Kranken- und Pflegekassen. Für die Einstufung wird ein Punktekatalog mit 6 Modulen geprüft, die in unterschiedlicher Gewichtung die Selbständigkeit, die Mobilität, die Gesundheitsverfassung (körperlich, seelisch und geistig) sowie die Alltagsbewältigung einbeziehen. Die Gesamtbewertung mit Gutachten wird für die Einstufung in einen Pflegegrad durch die Pflegekasse verwendet, die anschließend den Pflegegrad zuteilt.
Mit der Zuteilung des Pflegegrades ergeben sich je nach Höhe unterschiedliche Ansprüche und Leistungen, welche Pflegebedürftige oder deren Pflegepersonen beantragen können.

Widerspruch gegen die Einstufung des Pflegegrads: Wie sehen meine Rechte aus?

Pflegebedürftige haben nach der Ablehnung oder der Zuteilung des Pflegegrades das Recht, innerhalb von einem Monat nach Zugang des Bescheides der Pflegekasse einen Widerspruch einzulegen. Dies ist vor allem der Fall, wenn ein empfunden zu geringer Pflegegrad und damit unzureichende Leistungen durch die Zuteilung entstehen. Der Widerspruch muss jedoch begründet werden, um eine Chance auf Neuprüfung und eine erneute Zuteilung zu erhalten. Die Begründung sollte im optimalen Fall direkt mit dem Widerspruch erfolgen, kann jedoch auch nachgereicht werden.

Gründe und Voraussetzungen für den Widerspruch gegen den Pflegegrad

Die Gründe für den Widerspruch können sich auf formale oder inhaltliche Fehler stützen, müssen jedoch mit Nachweisen und Darlegung der Unverhältnismäßigkeit begründet werden. Sie können sich bei Ihrem Widerspruch auf mögliche Fehler beim Pflegegrad-Bescheid berufen, wenn diese vorliegen.

Formale Fehler:

  • fehlende Rechtsbehelfsbelehrung mit Hinweis auf Widerspruch
  • fehlende Begründung des Bescheides
  • fehlende Beilage des Gutachtens
  • fehlender Absender
  • fehlende persönliche Unterschrift oder Hinweis auf maschinelle Erstellung.
    Bei formalen Fehlern erfolgt eine neue Prüfung ohne Wiederholung des Gutachtens.
Entlastungsbetrag  125 Euro für die Pflege

Inhaltliche Fehler:

  • Falscheinschätzung der Pflegebegutachtung durch besonders gute Tagesform des Pflegebedürftigen
  • Pflegebedürftige Person hat sich aus Scham verstellt.
  • Pflegerischer Bedarf ist seit der Begutachtung gestiegen.
  • Entscheidende Faktoren im Gutachten unrichtig oder unzureichend berücksichtigt (beispielsweise Mobilitätseinschränkung beim Treppensteigen)
Verhinderungspflege

Bei inhaltlichen Fehlern kommt es zu einer erneuten Begutachtung mit Besuch durch einen Gutachter des Medizinischen Dienstes und der Darlegung des neuen Gutachtens bei der Pflegekasse.

Wann lohnt es sich, Widerspruch gegen den Bescheid der Pflegekasse einzulegen?

Der Widerspruch gegen den Pflegegrad-Bescheid lohnt sich immer dann, wenn ein Pflegegrad trotz Pflegebedarf abgelehnt wurde, die Einstufung entsprechend dem Bedarf zu niedrig erscheint oder sich die Situation des Pflegebedürftigen seit dem Gutachten verschlechtert hat. Letztere Variante ist besonders sorgfältig vorzunehmen, da dies einen geringeren Aufwand bedeutet und schneller geht als ein neuer Antrag auf eine Hochstufung.

Was wird für den Pflegegrad-Widerspruch benötigt?

Der Widerspruch gegen den Pflegegrad oder die grundlegende Ablehnung der Einstufung muss formgerecht sein. Das bedeutet, dass der Widerspruch eigenhändig vom Pflegebedürftigen oder dessen Vertreter unterschrieben und offiziell übermittelt werden muss (beispielsweise via Einschreiben). Die Begründung sollte sich auf klar darlegbare Nachweise stützen, die Sie entsprechend mit dem Gutachten des Medizinischen Dienstes vergleichen sollten.

Gegebenenfalls können Sie auch Unterstützung von Experten in Anspruch nehmen. Diese Experten können beispielsweise Ärzte, Pflegekräfte und Berater bei Pflegestützpunkten sein. Auch spezialisierte Anwälte für Sozialrecht können (kostenpflichtig) Hilfestellung geben, die zudem bei einer erneuten Ablehnung eine Klage beim Sozialgericht einreichen können.

Pflegegrad Widerspruch: Fristen & Dauer

Mit der Zuteilung des Pflegegrades ergeben sich Ansprüche, die auf Rechten und Gesetzen beruhen. Eine Übersicht zu den Rechten und Gesetzen finden Sie in der sogenannten Pflege-Charta für pflege- und hilfebedürftige Menschen. Entsprechend der rechtlichen Hintergründe gilt es für Pflegebedürftige und ihre Pflegepersonen, unterschiedliche Fristen einzuhalten, um die bürokratischen Abläufe bestmöglich zu verkürzen.

Widerspruch gegen die Einstufung des Pflegegrades

Widerspruch gegen den Pflegebescheid kann direkt im Anschluss an den offiziellen Erhalt binnen eines Monats erfolgen. Bewahren Sie entsprechend auch den Umschlag des Bescheides auf, um Poststempel und Eingang nachweisen zu können. Die Begründung für den Widerspruch sollte dabei möglichst direkt eingebunden werden, kann jedoch bei Bedarf auch nachgereicht werden, um eine gute Argumentation für den Widerspruch auszuarbeiten. Da die Pflegekasse selbst durch den Widerspruch eine Frist von drei Monaten erhält, sollte die Begründung entsprechend vor dem Ablauf dieser Frist eingereicht werden.

Wie lange dauert ein Widerspruch gegen Pflegegrade?

Ab dem Zeitpunkt des Widerspruchs hat die Pflegekasse eine Frist von drei Monaten, innerhalb der sie auf den Widerspruch reagieren muss. Reagiert die Pflegekasse nicht innerhalb der Frist oder lehnt sie erneut ab, kann eine Klage vor dem Sozialgericht eingereicht werden, um die Ansprüche auf eine neue Pflegegradeinstufung und die damit verbundenen Leistungen geltend zu machen.

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Widerspruch

Pflegegrad Widerspruch: Ablauf

Um die rechtlichen Ansprüche bei Pflegebedarf und der Zuteilung eines Pflegegrades geltend zu machen, ist der richtige Ablauf wichtig. Alles beginnt mit der formgerechten Antragstellung, um keine Gründe für eine Ablehnung zu bieten. Ist der Bescheid durch die Pflegekasse zugestellt, beginnt ab dem Tag der Zustellung die Frist für einen nötigen Widerspruch. Wird dem Widerspruch stattgegeben, folgt eine erneute Prüfung, die gegebenenfalls auch mit einem erneuten Gutachten durch den Medizinischen Dienst bestätigt wird.

Wie lege ich Widerspruch gegen den Bescheid der Pflegekasse ein?

Der Widerspruch sollte formgerecht mit einer Begründung zeitnah und innerhalb der Frist von einem Monat ab der Zustellung erfolgen. In der Begründung ist darzulegen, ob es sich um einen Widerspruch aufgrund von Formfehlern (sofern vorhanden) oder inhaltlichen Fehlern handelt. Übersenden Sie den Widerspruch schriftlich und belegbar, beispielsweise durch den Versand als Einschreiben.

Pflegegrad Widerspruch: Begründung für einen Widerspruch gegen den Pflegegrad verfassen

Ein wichtiger Aspekt für den Widerspruch gegen die Einstufung für einen Pflegegrad ist die Begründung. Diese muss dem Widerspruch nicht beiliegen, sondern kann auch im Anschluss nachgereicht werden. Hierdurch haben Sie mehr Zeit für die Begründung. Die Begründung sollte Belege aufweisen, insbesondere wenn das Gutachten unzureichende oder inhaltlich falsche Aspekte beinhaltet. Hilfreich sind dabei beispielsweise Beweise über die Pflegedokumentation oder Stellungnahmen von behandelnden Ärzten. In gravierenden Fällen kann ein Gutachten von einem unabhängigen Pflegeexperten nötig sein, welcher jedoch durch den Antragsteller selbst zu zahlen ist. Ist eine Klage vor dem Sozialgericht nötig, kann dies jedoch eine zielführende Investition sein.

Tipps zur Formulierung der Begründung

Achten Sie auf sachliche Darlegung der Begründung, die sich auf belegbare Argumente stützt. Nutzen Sie für den Widerspruch Mustervorlagen aus dem Internet, verfassen Sie die Begründung jedoch selbst, um die individuelle Situation des Pflegebedürftigen darzulegen. Beziehen Sie sich bei der Formulierung beispielsweise auch auf Zitate aus dem Gutachten oder dem Pflegebescheid, denen Sie schlüssige Argumente für Ihren Widerspruch entgegensetzen.

Mustervorlage für die Begründung des Pflegegrad-Widerspruchs

Eine Mustervorlage kann zwar für den Widerspruch verwendet werden, sollte dabei allerdings ausschließlich bei Formfehlern, jedoch nicht zur Begründung für den Pflegegrad-Widerspruch zum Einsatz kommen. Achten Sie bei der Formulierung auf individuelle Begründungen und Belege, die Sie klar und sachlich im Widerspruch ausführen.

Pflegegrad Widerspruch: Checkliste

Damit der Widerspruch keine Formfehler aufweist, sollten Sie folgende Aspekte prüfen und bei einem Fehlen ergänzen, bevor Sie den Widerspruch auf die Pflegegrad-Einstufung absenden:

  • Persönliche Daten des Antragstellers wie Name, Adresse, Versicherungsnummer und Kontaktmöglichkeiten
  • wenn vorhanden, persönliche Daten des gesetzlichen Vertreters, der für den Antragsteller den Antrag stellt
  • Anschrift der Pflegekasse als Adressat
  • Datum des Widerspruchs
  • Betreffzeile mit konkreter Aussage, beispielsweise „Widerspruch gegen den Bescheid vom (Datum)“
  • Begründung des Widerspruchs, optional nachreichbar
  • handschriftliche Unterschrift des Antragsstellers oder des gesetzlichen Vertreters

Wie geht es nach dem Widerspruch gegen Ablehnung eines Pflegegrads weiter?

Nach dem Widerspruch gilt es, die Antwort der Pflegekasse abzuwarten. Die Pflegekasse hat drei Monate Zeit, um fristgerecht zu antworten. Die neue Entscheidung wird nach Sichtung der Begründung und gegebenenfalls einer Neubegutachtung sowie einer Neubeurteilung getroffen. Sollte der Widerspruch abgelehnt oder die neue Entscheidung der Pflegekasse ebenfalls nicht der Meinung des Anspruchsberechtigten näher kommen, kann die Hilfestellung durch einen Fachanwalt sinnvoll sein. Dieser kann im Zweifelsfall auf gute Argumente gestützt Klage beim Sozialgericht einreichen.

Warum sich der Widerspruch gegen den Pflegegrad lohnt

Erst ab der Zuteilung eines Pflegegrades erhalten Pflegebedürftige in Deutschland Leistungen durch die Pflegekasse. Doch fast jeder fünfte Antrag wird abgelehnt, während viele weitere aus Sicht von Betroffenen zu niedrig beschieden wird. Gehören auch Sie zu den Betroffenen, die keinen oder einen zu niedrigen Pflegegrad zugesprochen bekommen haben, bietet sich Ihnen mit dem Widerspruch ein erfolgversprechendes Rechtsmittel, um Ihr Recht doch noch zu erhalten.