Du hast aufgrund einer Erkrankung oder nach einem Unfall die Diagnose „Querschnittlähmung“ erhalten? Dann wird sich Dein Leben in nahezu allen Bereichen verändern. Mit einer solchen Diagnose gehen zahlreiche Herausforderungen und Probleme einher und je größer Deine körperlichen Einschränkungen sind, desto intensiver musst Du Dich mit dem Thema Pflege bei Querschnittlähmung beschäftigen.
Wissenswertes und Tipps zur Pflege bei Querschnittlähmung
In Deutschland gibt es etwa 140.000 Menschen mit einer Querschnittlähmung, jedes Jahr kommen circa 2.300 Betroffene dazu. Bei 61 Prozent aller Querschnittlähmungen handelt es sich um Paraplegien, die restlichen 31 Prozent werden als Tetraplegien diagnostiziert. Je stärker die Lähmungserscheinungen und Beeinträchtigungen sind, desto höher muss in der Regel der Pflegeaufwand beziehungsweise die zu beantragende Pflegestufe sein, damit Du den Alltag mit all seinen Herausforderungen, vom Toilettengang bis zu Außerhausterminen, bewältigst.
Was ist eine Querschnittlähmung?
Eine Querschnittlähmung wird von der Medizin definiert als Verletzung des Rückenmarks beziehungsweise der darin verlaufenden Nervenstränge. Dadurch können sie weniger oder gar keine Reize mehr weiterleiten. Von einer Querschnittlähmung kann prinzipiell jede Stelle der Wirbelsäule betroffen sein. Abhängig von der Höhe der Schädigung treten teilweise oder vollständige Lähmungen in den Extremitäten sowie andere Funktionseinschränkungen auf. Bisher gibt es keine Therapie, durch die sich Querschnittlähmungen und die durch sie möglichen Symptome rückgängig machen lassen.
Welche Arten von Lähmungen gibt es?
Bei einer Querschnittlähmung kann man zunächst unterscheiden zwischen einer Paraplegie und einer Tetraplegie. Wurde bei Dir eine Paraplegie diagnostiziert, heißt dies, dass zwei parallele Extremitäten, meistens die Beine, vollständig gelähmt sind. Bei einer Tetraplegie sind dagegen alle vier Extremitäten, also beide Arme und Beine, von der Lähmung betroffen. Bei einer Querschnittslähmung ist also vor allem die Position, an der die Rückenmarksschädigung (Läsion) auftritt, entscheidend für die Art und den Umfang der Lähmung:
Bei einer Paraplegie befindet sich die Läsion im Bereich der Brustwirbelsäule (Th1 bis Th12) oder Lendenwirbelsäule (L1 bis L4).
Bei einer Verletzung auf Höhe der Halswirbelsäule (C1 bis C8) führt eine Unterbrechung der Nervenfasern zu einer Tetraplegie.
Es lassen sich vier verschiedene Arten von Querschnittlähmung mit jeweils unterschiedlichen physischen Auswirkungen (vollständige oder inkomplette Lähmung) voneinander unterscheiden:
- vollständige Querschnittlähmung aller Extremitäten (Tetraplegie)
- vollständige Querschnittlähmung der unteren Extremitäten (Paraplegie)
- inkomplette Querschnittlähmung aller Extremitäten (Tetraparese)
- inkomplette Querschnittlähmung der unteren Extremitäten (Paraparese)
Was sind Ursachen einer Querschnittlähmung?
Ursache für die Lähmung bei der Tetraplegie (auch als Quadriplegie bezeichnet) ist die Zerstörung von Nervenzellen oder aber die Unterbrechung von Nervenfasern. Die Tetraplegie ist häufig die Folge einer Halswirbelsäulenverletzung aufgrund eines Unfalls und eines daraus resultierenden Traumas. Ursachen für Rückenmarksverletzungen sind Unfälle im Straßenverkehr oder beim Sport. Es gibt aber auch Ursachen, die nicht unfall-, sondern krankheitsbedingt sind. So können Tumore, Erb- beziehungsweise Infektionskrankheiten oder Entzündungen zu einer Schädigung des Rückenmarks führen. Eine Tetraplegie kann auch idiopathisch sein. Das bedeutet, dass die Erkrankung entsteht, ohne dass eine Ursache gefunden wird.
Was kann die Pflege bei einer Querschnittlähmung tun?
Was die Pflege bei Querschnittlähmung leisten kann oder muss, das ist vor allem davon abhängig, wie hoch der Querschnitt liegt. Prinzipiell steigt der pflegerische Bedarf, je weiter oben sich die Rückenmarksverletzung befindet. Eine gute Pflege schaut hauptsächlich auf die Körpertemperatur und die Mobilisation, zudem wirkt sie Funktionsstörungen von Blase und Darm entgegen, mit denen fast jede querschnittgelähmte Person konfrontiert ist. Ein wichtiges Ziel der Pflege ist es, Betroffene darin zu unterstützen, mit der neuen Situation zurechtzukommen und möglichst viele der täglichen Herausforderungen selbst zu bewältigen.
Oft zieht eine Querschnittlähmung auch Spastiken oder Muskelkrämpfe an den Gliedmaßen nach sich. Sie werden von den Patienten nicht nur als besonders unangenehm empfunden, sondern wirken sich oft auch negativ auf die psychische Situation aus. Um die Folgen der Immobilität aufgrund der kompletten Lähmung möglichst gering zu halten, braucht es von der Pflegekraft regelmäßig durchgeführte Prophylaxen, beispielsweise bei den Themen Dekubitus, Pneumonie, Thrombose, Muskelkontraktur sowie Zystitis.
Voraussetzungen bei der Pflege von Menschen mit Querschnittlähmung
Die Erkrankten sind in einer Ausnahmesituation, weshalb die Pflegekraft über ein hohes Maß an Kommunikationsstärke, Empathie, Einfühlungsvermögen, Verständnis und Geduld verfügen muss. Damit Dir überhaupt eine Pflegekraft zur Verfügung steht, musst Du zunächst bei der Pflegeversicherung einen Pflegegrad beantragen.
Herausforderungen bei der Pflege bei Querschnittlähmung
Bei der Diagnose Querschnittlähmung stehst Du als Betroffener vor großen Herausforderungen, wenn es um eine adäquate Pflege geht. Die physischen Einschränkungen, die Notwendigkeit eines Rollstuhls, die oft langwierige Rehabilitation sowie die damit verbundenen psychischen Belastungen können nicht nur zu Problemen in der Kommunikation, sondern auch zu Schwierigkeiten bei der rein physischen Pflege führen.
Welche Pflegeprobleme gibt es bei einer Querschnittlähmung?
Ein weit verbreitetes Pflegeproblem bei Querschnittlähmung sind beispielsweise Kontrakturen, also Bewegungs- und Funktionseinschränkungen der Gelenke. Auch die Nahrungsaufnahme kann durch Schluckstörungen problematisch sein. Bei Querschnittgelähmten fällt manchmal die sogenannte vegetative Steuerung aus, wodurch es nicht mehr möglich ist, die Körpertemperatur zu steuern. Je höher die Lähmung liegt, desto stärker kann die Atmungsfähigkeit beeinträchtigt sein. Eine Folge kann darin bestehen, dass die betroffene Person Sekret nicht abhusten kann.
Welche Prophylaxen gibt es bei einer Querschnittlähmung?
Um Kontrakturen entgegenzuwirken, ist tägliches Bewegungstraining notwendig, bei dem aber Vorsicht oberstes Gebot ist. Denn aufgrund des reduzierten Schmerzempfindens können unbemerkt Bewegungsgrenzen überschritten werden. Als vorbeugende Maßnahme bei Schluckstörungen ist es sinnvoll, wenn die Pflegekraft regelmäßig Husten- und Schluckreflex des Pflegebedürftigen testet. Zur Kontrolle der Körpertemperatur ist regelmäßiges Fiebermessen, Vermeidung direkter Sonne, die Verwendung passender Kleidung oder der Einsatz eines Ventilators sinnvoll.
Im Fall von Atembeschwerden sollten Pflegekräfte bei ihren Patienten regelmäßig das überschüssige Sekret absaugen. Außerdem ist das Umlagern wichtig, wobei die Beine so zu positionieren sind, dass die venöse Blutzirkulation gewährleistet ist. Kompressionsstrümpfe beugen Thrombosen vor.
Zu unseren PflegeboxenPflegegrad bei Querschnittlähmung
Früher gab es drei Pflegestufen, die man, abhängig vom Umfang der Beeinträchtigungen, beantragen konnte. Durch eine Reform wurden diese Stufen 2017 schließlich durch fünf Pflegegrade ersetzt. Sie werden in Abhängigkeit zur noch beziehungsweise nicht mehr vorhandenen Selbstständigkeit der betroffenen Person vergeben.
Kriterien für die Ermittlung beim Pflegegrad
Zur Bewertung dieser Selbstständigkeit, die Bestandteil des Pflegegutachtens ist, wird ein Katalog verwendet, der sechs Kriterien umfasst:
- Mobilität des Antragstellers
- Kognitive sowie kommunikative Fähigkeiten
- Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
- Selbstversorgungsfähigkeiten
- Bewältigung krankheits- und therapiebedingter Herausforderungen sowie selbstständiger Umgang mit ihnen
- Gestaltung des täglichen Lebens sowie soziale Kontakte
Ein unabhängiger Pflegegutachter vergibt in jeder der genannten Kategorien Punkte. Durch ihre Addition ergibt sich am Schluss die Gesamtpunktzahl. Um den niedrigsten Pflegegrad 1 zu erhalten, brauchst Du mindestens 12,5 von möglichen 100 Punkten. Für den höchsten Pflegegrad 5 benötigst Du 90 oder mehr Punkte.
Wann erhalten Menschen mit Querschnittlähmung einen Pflegegrad?
Damit Dir bei einer Querschnittlähmung ein Pflegegrad sowie entsprechende Leistungen bewilligt werden, muss die Pflegeversicherung ermitteln, wie sehr Du in Deiner Selbstständigkeit eingeschränkt bist. Entscheidend für den Erhalt eines Pflegegrades aufgrund einer Querschnittlähmung ist der Grad, in dem Deine Selbstständigkeit eingeschränkt ist. Da Dich eine hochgradige Lähmung in Deiner Handlungsfähigkeit stark einschränkt, wird Dir aufgrund dieser Erkrankung und den damit einhergehenden Symptomen in der Regel ein Pflegegrad zugeteilt.
Ein wesentlicher Faktor ist, ob Du noch laufen kannst oder einen Rollstuhl brauchst, wodurch eine signifikante Einschränkung Deiner Mobilität vorliegt. Zudem wird ermittelt, in welchem Umfang Du den Alltag trotz der Lähmung noch selbstständig meistern kannst.
Zur Klärung dieser Fragen wurde das sogenannte „Neue Begutachtungs-Assessment“ entwickelt, in dessen Rahmen der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) sich vor Ort ein Bild macht und dann entscheidet, ob Deine Situation einen Pflegegrad rechtfertigt.
Leistungen & Zuschüsse bei Querschnittlähmung
Bist Du von einer Querschnittlähmung betroffen und hast einen Pflegegrad erhalten, stehen Dir verschiedene Leistungen und Zuschüsse zu, die Du jederzeit und relativ unkompliziert beantragen kannst.
Welche Unterstützung gibt es je nach Pflegegrad?
Es muss unterscheiden werden zwischen Sach- und Geldleistungen. In den fünf Pflegegraden erhalten pflegende Angehörige von Betroffenen 2024 ein monatliches Pflegegeld in folgender Höhe (Tagespflege beziehungsweise Tages- und Nachtpflege):
Pflegegrad 1:
kein Anspruch/keine Pflegeleistungen
Pflegegrad 2:
332 Euro/689 Euro
Pflegegrad 3:
573 Euro/1.298 Euro
Pflegegrad 4:
765 Euro/1.612 Euro
Pflegegrad 5:
947 Euro/1.995 Euro
Wird die Pflege durch einen ambulanten Pflegedienst ausgeführt, erhalten Angehörige nur Pflegesachleistungen in Form von Hilfe für Körperhygiene, Ernährung und Mobilität. Für bauliche Maßnahmen in der Wohnung werden bei jedem Pflegegrad 4.000 Euro bewilligt. Mehr Informationen zum Thema Pflegegrad findest du hier.
Pflegegrad bei Querschnittlähmung beantragen
Um diesen Prozess in Gang zu setzen, genügt ein formloser Antrag auf Erteilung eines Pflegegrades. Diesen solltest Du als betroffene Person immer selbst stellen; die Pflegeversicherung teilt ihn individuell zu. Hier findest Du weiterführende Hinweise zum Antrag bei Pflegekassen.
Pflegehilfsmittel für Querschnittlähmung beantragen
Als betroffene Person kannst Du Pflegehilfsmittel beantragen. Das funktioniert ohne Rezept, allerdings ist eine ärztliche Verordnung sinnvoll, weil so die entstehenden Kosten abgesichert sind. Neben dem Arzt kann auch eine Pflegefachkraft die notwendigen Pflegehilfsmittel empfehlen. Eine Empfehlung muss in Schriftform vorliegen und darf zum Zeitpunkt der Antragstellung höchstens zwei Wochen alt sein. Der Antrag muss den Namen, das Geburtsdatum und die Versicherungsnummer des Pflegebedürftigen enthalten. Zudem sollte die Art der benötigten Pflegehilfsmittel ersichtlich sein.
Wer bezahlt die Pflegehilfsmittel bei Querschnittlähmung?
Die Kosten für Sachleistungen sowie Geldleistungen für Pflegehilfsmittel trägt die jeweils zuständige Pflegkasse der Krankenversicherung. Werden Geldleistungen genehmigt, dienen sie zur Anschaffung von Pflegematerialien. Als Pflegehilfsmittel gelten zum Beispiel Handschuhe, Betteinlagen, Schutzbezüge, Desinfektionsmittel, Spritzen, Verbandsmaterial, Tücher oder Pflaster.
Wie und wo beantrage ich Pflegehilfsmittel?
Den Antrag auf Pflegehilfsmittel musst Du bei der Pflegekasse Deiner Krankenkasse stellen. Weitere Hinweise zum Antrag auf Pflegehilfsmittel findest Du hier.
Fazit
Kompetente Pflege ermöglicht Dir trotz Querschnittlähmung eine hohe Lebensqualität.