Was ist Pflegegrad 4?
Der Pflegegrad 4 ist eine von fünf Einstufungen, die seit 2017 als sogenannte Pflegegrade die Pflegebedürftigkeit von Menschen mit Pflegebedarf und damit verbundene Leistungen darlegt. Die Einstufung erfolgt nach einem Gutachten durch die Pflegekasse, um mit angepassten Leistungen und Hilfestellungen die Pflege im Alltag zu erleichtern. Wir informieren Sie über alle wichtigen Aspekte rund um den Pflegegrad 4.
Wie wird Pflegegrad 4 definiert?
Bis 2017 wurde der Pflegebedarf nach täglicher Pflegezeit berechnet und in den Pflegestufen 1 bis 3 eingeteilt. Seit der Umstellung auf die Pflegegrade 1 bis 5 wird der Pflegebedarf nach § 15 SGB XI (§ 15 Elftes Sozialgesetzbuch) über die Analyse des Allgemeinzustandes des pflegebedürftigen Menschen mittels der Einschränkung des Betroffenen im Alltag zugeteilt. Bei Pflegegrad 4 liegen seit oder voraussichtlich für mindestens sechs Monate schwerste Beeinträchtigungen im Alltag vor, welche die Fähigkeiten und / oder die Selbständigkeit der Person beeinträchtigen.
Wann erhält man Pflegestufe 4?
Die Pflegestufe 4 wird auf Antrag an die Pflegekasse zur Einstufung in einen Pflegegrad gewährt, wenn das für die Prüfung notwendige Gutachten entsprechenden Bedarf aufweist. Das Gutachten beruht auf der Kombination von sechs Modulen, welche die unterschiedlichen Alltagsbereiche der pflegebedürftigen Person durchleuchtet. Zeigt das aus den Ergebnissen resultierende Gutachten einen Pflegebedarf durch „schwerste Beeinträchtigung der Selbständigkeit“, kann die Pflegekasse die Einstufung in Pflegestufe 4 zuweisen.
Welche Vorteile erhält man durch den Pflegegrad 4?
Durch die Zuweisung von Pflegegrad 4 durch die Pflegekasse entstehen unterschiedliche Ansprüche auf Leistungen, die als Barauszahlungen oder Kostenerstattung für den Bedarf des pflegebedürftigen Menschen eingesetzt werden.
Hierzu zählen neben den Kosten für Materialien und Hilfsmitteln auch die Kosten für professionelle Unterstützung durch Pflegekräfte oder die Unterbringung in einem Alten- bzw. Pflegeheim. Die Höhe der Kostenübernahme und Zahlungen richtet sich nach der Höhe der Pflegegradeinstufung und können je nach Pflegegrad variieren oder gleichbleibend sein.
Abgrenzung von Pflegegrad 4 zu 3 & 5
Die Pflegegrade 3 und 5 werden durch die Pflegekasse bei einer Gesamtpunktezahl von 45,5 bis unter 70 beziehungsweise von 90 bis 100 Punkten zugeteilt.
Die Abgrenzung in der Definition liegt bei Pflegegrad 3 in der „starken Beeinträchtigung der Selbständigkeit“, bei Pflegegrad 5 in der „höchsten Beeinträchtigung der Selbständigkeit“.
Was verändert sich bei der Hochstufung von Pflegegrad 3 auf 4?
Durch die Hochstufung von Pflegegrad 3 auf Pflegegrad 4 erhöht sich in verschiedenen Bereichen der Leistungsanspruch, da die Pflegebedürftigkeit in Pflegegrad 4 als höher angesehen wird. Somit erhöhen sich die Leistungen in Bezug auf
Pflegegeld von 572 Euro / Monat
auf 764 Euro pro Monat
Pflegesachleistungen von 1.431 Euro / Monat
auf 1.778 Euro / Monat
Tages- und Nachtpflege von 1.298 Euro / Monat
auf 1.612 Euro / Monat
vollstationäre Pflege von 1.262 Euro / Monat
auf 1.775 Euro / Monat
Wie unterscheidet sich der Pflegegrad 4 von der Pflegestufe 5?
Die Einstufung in Pflegegrad 5 weist einen höheren Pflegebedarf auf als bei Pflegegrad 4. Die Leistungen liegen somit bei Pflegegrad 4 niedriger als bei Pflegegrad 5, der als Höchsteinstufung auch den höchsten Leistungsanspruch für die Versorgung von pflegebedürftigen Menschen mitbringt. Bei einer Höherstufung auf Pflegegrad 5 würden sich die Leistungsansprüche wie folgt erhöhen:
Pflegegeld von 764 Euro pro Monat
auf 946 Euro pro Monat
Pflegesachleistungen 1.778 Euro / Monat
auf 2.200 Euro pro Monat
Tages- und Nachtpflege 1.612 Euro / Monat
auf 1.995 Euro pro Monat
Vollstationäre Pflege 1.775 Euro / Monat
auf 2.005 Euro pro Monat
Voraussetzungen für Pflegegrad 4
Um einen Pflegegrad 4 für eine zu pflegende Person zu erhalten und die daraus resultierenden Leistungen zu beanspruchen, ist ein Antrag auf eine Pflegegrad-Einstufung oder ein Antrag auf Höherstufung bei einem bereits vorliegenden Pflegegrad bei der Pflegekasse zu stellen.
Bei der Prüfung des Bedarfs wird unter anderem über einen Besuch von Mitarbeitern des Medizinischen Dienstes ein Gutachten erstellt, welches mit einem Kriterienkatalog unterschiedliche Lebensbereiche prüft und bis zu 100 Punkte zuteilt. Das Gutachten wird von Mitarbeitern des Medizinischen Dienstes der Kranken- und Pflegekassen erstellt. Der Kriterienkatalog hinterfragt dabei die Fähigkeit zur
- Selbstversorgung (fließt zu 40 Prozent in die Gesamtberechnung ein),
- Kognitive Fähigkeiten und Kommunikation (15 Prozent),
- Mobilität (10 Prozent),
- Alltagsgestaltung und Sozialkontakte (15 Prozent) sowie die
- Bewältigung und der Umgang mit krankheits- und therapiebedingten Anforderungen (20 Prozent).
Insgesamt können in den unterschiedlichen Bereichen bis zu 100 Punkte ereicht werden. Liegt die Endpunktzahl der Prüfung zwischen 70 und 90 Punkten, wird der pflegebedürftige Mensch in den Pflegegrad 4 eingestuft.
Leistungen bei Pflegegrad 4
Mit der Zuteilung von Pflegegrad 4 haben pflegebedürftige Menschen Anspruch auf zahlreiche Leistungen durch die Pflegekasse. Teilweise werden die Leistungen als Geldleistungen ausgezahlt, teilweise in Form von Zuschüssen oder in einer Kombination aus Geld- und Pflegesachleistungen zur Auszahlung gebracht.
Wie viel Geld bekommt man bei Pflegegrad 4?
Zu den Geldleistungen und Zuschüssen bei Pflegegrad 4 zählen
- Pflegegeld in Höhe von 764 Euro / Monat bei Pflege durch Angehörige
- Pflegesachleistungen von bis zu 1.778 Euro / Monat (Unterstützung durch Pflegedienst)
- Zuschuss zu Tages- und Nachtpflege (teilstationär) 1.693 Euro / Monat
- Zuschuss zu vollstationärer Pflege 1.776 Euro / Monat zzgl. Leistungszuschlag
Pflegegeld und Pflegesachleistungen bei Pflegegrad 4
Das Pflegegeld kann beantragt werden, wenn die häusliche Pflege durch pflegende Angehörige übernommen wird. Pflegesachleistungen gelten hingegen als alle Leistungen, die durch einen Pflegedienst im häuslichen Umfeld angenommen werden. Die Zuschüsse und Ansprüche bei Pflegegrad 4 unterscheiden sich zudem bei der häuslichen und der stationären Pflege. In der häuslichen Pflege können unterschiedliche Regelungen beantragt werden, um die Leistungsansprüche individuell passend geltend zu machen.
Kombination von Geld- und Sachleistungen bei Pflegegrad 4
Werden Pflegesachleistungen bei Pflegegrad 4 in Höhe von bis zu 1.778 Euro im Monat nicht vollumfänglich in Anspruch genommen, kann die Differenz zwischen den entstandenen Kosten und dem Anspruchsbetrag auch als Ergänzung zum Pflegegeld ausgezahlt werden, um die Kosten weiterführende Bedürfnisse der pflegebedürftigen Person zu decken.
Die Beträge ändern sich auch im nächsten Jahr und es ist ratsam, die aktuellen Informationen bei der Pflegekasse zu erfragen
Kurzzeitpflege bei Pflegegrad 4
Als Kurzzeitpflege wird die kurzzeitige Pflege von pflegebedürftigen Personen in einer Einrichtung bezeichnet. Die Pflegekasse bezuschusst bei Pflegegrad 4 die Kosten für bis zu 8 Wochen im Jahr, höchstens jedoch bis zu 1.774 Euro jährlich.
Verhinderungspflege bei Pflegegrad 4
Die Verhinderungspflege wird durch die Pflegekasse mit bis zu 806 Euro im Jahr für maximal 6 Wochen bezuschusst. Hierdurch sollen pflegende Angehörige entlastet werden, welche im häuslichen Umfeld pflegen, jedoch selbst durch Krankheit, Urlaub oder andere Gründe verhindert sind.
Kombination von Kurzzeit- & Verhinderungspflege bei Pflegegrad 4
Wenn individuelle Erfordernisse es nötig machen, können die Zuschüsse für Kurzzeit- und Verhinderungspflege auch kombiniert in Anspruch genommen werden. Die Pflegekasse übernimmt bis zu 3.386 Euro für die Kurzzeitpflege, wenn die 1.612 Euro im Jahr für die Verhinderungspflege nicht in Anspruch genommen wurden. Sollen Mittel aus der Kurzzeitpflege für die Verhinderungspflege eingesetzt werden, können Kostenübernahmen von bis zu 806 Euro "verschoben" werden, wodurch für die Verhinderungspflege in diesem Fall bis zu 2.418 Euro in Anspruch genommen werden können. Die Kombination und die Verwendung von Zuschüssen für von einer Pflegeart in die andere müssen individuell beantragt werden.
Tages- & Nachtpflege bei Pflegegrad 4
Für die Tags- & Nachtpflege stehen bei Pflegegrad 4 bis zu 1.612 Euro pro Monat als Leistungen zur Verfügung, um als ambulante Pflegesachleistung, Pflegegeld oder Kombinationsleistung in Anspruch genommen zu werden. Hierdurch soll die gute Betreuung im häuslichen Umfeld individuell und nach Bedarf unterstützt werden.
Weitere Leistungen bei häuslicher Pflege für Pflegegrad 4
Werden Menschen mit Pflegegrad 4 im häuslichen Umfeld gepflegt, stehen neben den bereits genannten Leistungen weiterführende Zuschüsse und Hilfsleistungen zur Verfügung. Hierzu zählen nach individuellen Ansprüchen unter anderem
- die Kostenübernahme für Pflegekurse
- die Kostenübernahme für eine Haushaltshilfe
- Zuschüsse für die Wohnraumanpassung mit bis zu 4.000 Euro je Maßnahme
- Zuschüsse in Höhe von bis zu 25 Euro für Digitale Pflegeanwendungen (DiPA)
Darüber hinaus bietet die Pflegekasse für pflegende Angehörige einen Entlastungsbeitrag in Höhe von 125 Euro / Monat sowie die Möglichkeit der Beantragung von Lohnersatzleistungen, wenn für die Pflege von Angehörigen die eigene Berufstätigkeit reduziert werden muss.
Leistungen bei stationärer und teilstationärer Pflege für Pflegegrad 4
Ist eine teilstationäre Pflege nötig, erhalten Pflegebedürftige mit Pflegegrad 4 bis einen Zuschuss von bis zu 1.693 Euro / Monat sowie bei stationärer Pflege einen Zuschuss von 1.776 Euro / Monat zzgl. einem Leistungszuschlag in Höhe von
15% des Pflegekosten-Eigenanteils innerhalb dem ersten Jahr
30% des Pflegekosten-Eigenanteils, bei mehr als 12 Monate in einer Einrichtung,
50% des Pflegekosten-Eigenanteils, bei mehr als 12 Monate in einer Einrichtung
75% des Pflegekosten-Eigenanteils, bei mehr als 12 Monate in einer Einrichtung
Zudem werden nach (§ 39e SGB V) die Kosten für eine bis zu zehn Tage andauernde Übergangspflege gezahlt, wenn eine erhöhte Krankenpflege unmittelbar im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt nötig ist.
Pflegehilfsmittel für Pflegestufe 4
Allen pflegebedürftigen Menschen ab einer Zuteilung von Pflegegrad 1 steht eine monatliche Pauschale für Pflegehilfsmittel zum Verbrauch zu. Die oft als Pflegehilfsmittel-Paket bezeichnete Leistung wird mit monatlich 40 Euro bezuschusst und wird auf Antrag von der Pflegekasse übernommen. Die Zusammenstellung kann nach dem individuellen Bedarf somit auch bei Pflegegrad 4 erfolgen. Bestellen Sie Ihr Pflegehilfsmittelpaket direkt auf unserer Seite.
Wann sollte der Pflegegrad hochgestuft werden?
Erhöht sich der Pflegebedarf einer pflegebedürftigen Person nachhaltig und dauerhaft, ist ein Antrag auf Hochstufung zumeist sinnvoll. Ein Pflegetagebuch mit ausführlicher Dokumentation ist hilfreich, um bei der erneuten Prüfung durch die Gutachter des Medizinischen Dienstes stichhaltige Argumente darlegen zu können.
Kann man Widerspruch gegen Pflegegrad 4 einlegen?
Gegen jede Pflegegrad-Einstufung kann innerhalb von einem Monat nach Zugang des Bescheides der Pflegekasse Widerspruch eingelegt werden. Der Widerspruch bedarf einer stichhaltigen Begründung, die bei Bedarf jedoch auch nachgereicht werden kann. Die Begründung kann sich auf formale Fehler im Bescheid, aber auch auf inhaltliche Fehler im Gutachten und der Bewertung bezogen werden. Lesen Sie hierzu auch unseren Beitrag zum Widerspruch gegen die Pflegegrad-Einstufung.
Pflegekurse & Beratung für Angehörige und Pflegebedürftige
Pflegekurse und Beratungsleistungen für Pflegebedürftige und pflegende Angehörige stehen allen zu, die einen Pflegegrad zugesprochen bekommen haben. Die Kosten für Beratungen und Pflegekurse werden meist direkt von der Kranken- oder Pflegekasse übernommen oder können nach Vorlage des Zahlbeleges erstattet werden.
Pflegegrad 4 beantragen
Der Antrag auf die Einstufung in den Pflegegrad 4 ist an die Pflegekasse zu stellen. Antragsteller kann je nach vorliegender Situation der Pflegebedürftige selbst oder eine bevollmächtigte Pflegeperson sein. Lesen Sie mehr über die Antragstellung in unserem Beitrag zur Pflegegrad-Einstufung oder direkt auf der Webseite der zuständigen Pflegekasse, die Ihnen alle wichtigen Aspekte rund um die Antragstellung erläutert.
Wie & Wo beantrage ich zusätzliche Geldleistungen bei Pflegegrad 4?
Durch die Zuteilung auf den Pflegegrad 4 haben Sie Anspruch auf diverse Leistungen. Um diese Leistungen jedoch in Anspruch nehmen zu können, müssen sie direkt bei der Pflegekasse beantragt werden. Die Leistungen werden nicht automatisch ausgezahlt, sondern müssen über die Antragstellung angefordert werden.
Vielfältige Leistungen zur Verbesserung des Alltags bei Pflegegrad 4
Die vielfältigen Leistungsansprüche bei Pflegegrad 4 unterstützen die bestmögliche Förderung des Lebensalltages von pflegebedürftigen Menschen mit schweren Beeinträchtigungen in der Selbständigkeit. Informieren Sie sich daher über die individuellen Geld- und Sachleistungen, die Sie für Ihre Pflege oder als pflegende Angehörige für die Alltagsbewältigung Ihrer Lieben erhalten können.